Typische Schulter-Erkrankungen
Schwachstellen sind vor allem Muskeln und Sehnen
Die Schulter ist das beweglichste der großen Gelenke. Als Kugelgelenk lässt sie Bewegungen in alle Richtungen zu. Ihre Stabilität erhält sie vor allem durch Muskeln. Das bringt jedoch zugleich eine erhöhte Anfälligkeit für Störungen und Verletzungen mit sich.
Da die Belastungen des Schultergelenks im Allgemeinen nicht so hoch sind wie z. B. die der Knie oder Hüften, ist die Gefahr, dass es zu verschleißbedingten Erkrankungen am Gelenkknorpel kommt, geringer als bei den anderen großen Gelenken. Die Schwachpunkte der Schulter liegen stattdessen eher im Bereich von Muskeln und Sehnen.
Risse in der Rotatorenmanschette
Die Rotatorenmanschette setzt sich aus mehreren Muskeln und ihren Sehnen zusammen, die den Oberarmkopf umschließen. Vor allem im fortgeschrittenen Alter können sich – meist aufgrund von Verschleiß – kleine Risse in den betroffenen Sehnen bilden. Liegt eine solche Schädigung vor und tritt eine plötzliche Überlastung auf, z. B. aufgrund eines Sturzes, kann daraus ein plötzlicher Muskel- und Sehnenriss entstehen. Dabei können die Sehnen sowohl komplett als auch zum Teil einreißen. Am häufigsten betroffen ist die Supraspinatussehne. Die Patienten leiden unter Schmerzen in der Schulter und im Oberarm, oft auch in der Nacht. In zahlreichen Fällen lassen sich die Risse konservativ behandeln, z. B. durch Entzündungshemmer, physikalische Therapie und Physiotherapie. In bestimmten Fällen jedoch hilft nur ein operativer Eingriff weiter. Das geschieht heutzutage vielfach mit Hilfe der Arthroskopie (Schlüssellochchirurgie). Ziel ist es, den Riss der Rotatorenmanschette möglichst komplett zu verschließen, um eine kraftvolle und stabile Beweglichkeit wiederherzustellen.
Kalkschulter
Bei der sogenannten Kalkschulter (Tendinosis calcarea) kommt es zu Kalkablagerungen in der Rotatorenmanschette. Ursachen sind lokale Durchblutungsstörungen oder kleine Sehnenschädigungen. Die Betroffenen leiden unter chronischen Schmerzen, die auch in der Nacht auftreten. Eine mögliche Behandlungsoption ist die fokussierte Stoßwellentherapie, mit deren Hilfe sich harte Kalkdepots zertrümmern lassen. Handelt es sich um weiche Ablagerungen, ist eine arthroskopische Entfernung ins Auge zu fassen.
Schultersteife
Unter dem Begriff Schultersteife (englisch frozen shoulder) fasst man eine Krankheitsgruppe zusammen, deren Hauptmerkmal eine chronische, sowohl passive als auch aktive Bewegungseinschränkung des Schultergelenks ist. Dem zugrunde liegt eine Kapselschrumpfung, die unterschiedliche Ursachen haben kann. Man unterscheidet primäre und sekundäre Schultersteife. Während die Ursache bei der primären Schultersteife unklarer Natur ist, treten die sekundären Schultersteifen als Folge einer Grunderkrankung auf. Die primäre Schultersteife verläuft in mehreren Stadien und heilt in vielen Fällen von selbst wieder aus. Die Behandlung stützt sich zunächst auf konservative Methoden. So kann man mithilfe einer intensiven Physiotherapie gute Fortschritte bei der Beweglichkeit erzielen. Bei hartnäckigen Verläufen kann es sinnvoll sein, die Verklebungen im Gelenk auf arthroskopischem Wege zu lösen.
Schulterluxation
Als Instabilität bezeichnet man einen Zustand, in dem der Patient nicht mehr in der Lage ist, den Oberarmkopf in der Gelenkpfanne zu zentrieren. Von einer Luxation spricht man, wenn das Gelenk komplett auskugelt. Häufig geschieht dies nach Unfällen, vor allem wenn es zu einer Verletzung der Gelenkkapsel oder Gelenklippe gekommen ist. Für die Betroffenen entsteht eine starke Einschränkung im Alltag, da die Schulter schon bei kleinsten Bewegungen ausrenken kann. Eine operative Versorgung ist in jedem Fall dringend geboten, weil die Gefahr besteht, dass sich die Luxation wiederholt und schwere Folgeschäden auftreten. In leichteren Fällen lassen sich die beschädigten Strukturen arthroskopisch „repararieren“, in schwerwiegenderen Fällen ist eine offene Operation erforderlich. Der Grund für eine Schulterinstabilität kann auch in einer angeborenen Bindegwebsschwäche liegen. Dann bedarf es vor allem eines gezielten Muskelaufbaus durch Physiotherapie.
Schulterarthrose
Wenn es zu arthrotischen Veränderungen an der Schulter kommt, betreffen diese weniger das eigentliche Schultergelenk als das Schultereckgelenk (Acromio-Clavicular-Gelenk, kurz AC-Gelenk). Das Risiko, daran zu erkranken, ist besonders ausgeprägt bei Menschen, die regelmäßig Überkopfbewegungen ausführen, wie Fensterputzer, Maler oder Anstreicher, aber auch bei Sportlern, die Hand-, Base- oder Volleyball spielen. Eine weitere Ursache sind knöcherne Verletzungen als Spätfolgen eines Unfalls. Zu den konservativen Therapiemethoden gehören neben Wärme- und Kältetherapie auch die Pulsierende Signaltherapie oder die Transkutane Nervenstimulation Tens. Die Schwelle für einen operativen Eingriff ist heute aufgrund der Entwicklungen auf dem Gebiet der minimalinvasiven Chirurgie nicht mehr so hoch wie noch vor einigen Jahren. So kann man im frühen Stadium einer Arthrose mit Hilfe der Arthroskopie Gelenkspülungen und Knorpelglättungen durchführen. Wenn die genannten therapeutischen Verfahren nicht weiterhelfen, bietet sich als Ausweg der Einsatz einer Endoprothese an.
von Klaus Bingler